PatVerfü im Einsatz – Empfehlungen zur Benutzung

PatVerfü im Einsatz – Empfehlungen zur Benutzung

Die PatVerfü im Einsatz: vorlegen und schweigen!

Die PatVerfü in ihrer Schutzfunktion vor psychiatrischem Zwang kommt immer dann zum Einsatz, wenn der/die VerfasserIn akut davon bedroht wird, dass es zu einer psychiatrischen Begutachtung kommt, die Zwangsmaßnahmen zur Folge haben könnte. Wenn Sie immer ein Exemplar bei sich haben, dann können Sie die PatVerfü gegebenenfalls jederzeit jeder/m vorzeigen, der oder die Sie in eine Psychiatrie sperren will. Das könnten z.B. auch PolizistInnen sein: Diese müssen dann unverrichteter Dinge weiter fahren bzw. wenn Sie Pech haben oder sich allzu sehr daneben benommen haben, werden Sie allenfalls die Nacht in einer Polizeizelle verbringen müssen und/oder eine Strafanzeige einkassieren – rechtmäßig darf Sie die Polizei jedoch nicht mehr gegen Ihren Willen in die Psychiatrie bringen.[78] Oder, falls der sozialpsychiatrische Dienst überhaupt eine Chance bekäme, Ihnen zu begegnen[79], dann zeigen Sie ihm stumm die PatVerfü und er muss sich trollen. Wenn Sie nicht desto trotz in einer psychiatrischen Einrichtung genannt „Krankenhaus“ gelandet sind und gleich wieder gehen möchten, das Personal jedoch Anstalten macht, sie dort festzuhalten, dann zeigen Sie ebenso Ihre PatVerfü vor. Wenn sich die „PflegerInnen“ nicht zuständig fühlen sollten, dann bestehen Sie darauf, dass sofort eine für ihre Freilassung verantwortliche Person geholt wird und lassen Sie die PsychiaterInnen dann ruhig die PatVerfü studieren, kopieren oder auch mit Ihren Vorsorgebevollmächtigten telefonieren, aber lassen Sie sich dabei mit niemandem auf Gespräche ein. Falls die PsychiaterInnen dann noch immer nicht verstanden haben, dass sie von Gesetzes wegen nichts mehr gegen Ihren Willen machen können und dass sich daran auch nichts mehr ändert, wenn sie einen Richter rufen, dann erst wird es nötig, dass Sie Ihre/n Vorsorgebevollmächtigte/n kontaktieren.

Sie werden in manchen Situationen (vor allem im Polizeikontakt) auch Ihren Personalausweis vorzeigen müssen, aber reden brauchen sie ansonsten mit niemandem in solchen Situationen. Im Gegenteil: Wir empfehlen ganz dringend, vor allem gegenüber einem/r PsychiaterIn, über ein „hier ist meine Patientenverfügung, ich will jetzt gehen“ hinaus, eisern zu schweigen! Damit unterstreichen Sie ihren in der PatVerfü beschriebenen Willen, sich nicht „untersuchen“ und „diagnostizieren“ zu lassen, denn KlinikpsychiaterInnen und ärztliche MitarbeiterInnen des Sozialpsychiatrischen Dienstes sind ja diejenigen, welche die Macht haben, eine entstandene „Diagnose“ direkt bei Gericht einzureichen, um Zwangsmaßnahmen legalisieren zu lassen. Würden Sie zwar ihre PatVerfü vorzeigen, jedoch trotzdem beispielsweise Fragen zu ihren Erlebnissen oder ihrem Befinden oder zum Datum des betreffenden Tages beantworten, könnten PsychiaterInnen unterstellen, dass Sie sich doch von ihnen untersuchen lassen möchten. Schon ist es dann nicht mehr ihre Entscheidung, ob Sie als geisteskrank gelten oder nicht. Wie bereits deutlich geworden sein sollte: Jedes Wort kann gegen Sie verwendet werden und wenn Sie sich häufig auf Gespräche mit solchen PsychiaterInnen einlassen, dann füllen sich die Anstalts- und Behördenakten dementsprechend. Vor allem der Sozialpsychiatrische Dienst ist ein Knotenpunkt für psychiatrische „Informationen“ und tauscht sie mit anderen Behörden wie z.B. Jobcenter oder Sozialamt aus – ob legal oder illegal wegen Verstoß gegen die Schweigepflicht, müsste im Einzelfall geprüft werden.

Es macht auf der anderen Seite auch insofern keinen Sinn, mit PsychiaterInnen zu diskutieren, ob Sie gerade „psychisch krank“, d.h. auch „einwilligungsunfähig“, seien oder nicht, weil selbst dann, wenn sie gerade „einwilligungsunfähig“ wären, das keine Rolle spielt, weil Sie mit der PatVerfü eben darüber verfügt haben, dass in solch einer Situation keinerlei psychiatrische Intervention gegen ihren Willen stattfinden darf. Aus diesem Grunde brauchen Sie sich über psychiatrische „Diagnosen“, die sich womöglich aus früheren Zeiten angesammelt haben, auch keine Sorgen zu machen. Nur mit einer aktuellen „Diagnose“ in einem neu gestellten Gutachten kann nach PsychKG/Unterbringungsgesetzen und Betreuungsrecht ein Gerichtsbeschluss legal zur zwangsweisen Unterbringung oder Entmündigung führen.


[78] Fällt allerdings auf Sie der Verdacht, dass Sie erhebliche Straftaten begangen haben, kann ein forensisches Verfahren drohen.

[79] Falls MitarbeiterInnen des sozialpsychiatrischen Dienstes nämlich einmal vor Ihrer Wohnungstür stehen sollten, dann brauchen Sie diese erst gar nicht herein zu lassen. In Ihrer Wohnung haben Sie das Hausrecht und so brauchen Sie niemanden hereinzulassen, außer der Polizei, wenn diese einen Haft- oder Hausdurchsuchungsbefehl bzw. „Gefahr im Verzug“ vorweisen kann. Daher ist – falls nicht bereits vorhanden – das Anbringen einer Kette an der Wohnungstür lohnenswert, um zuerst in Ruhe prüfen zu können, ob etwaige BesucherInnen erwünscht sind.