Eine Patientenverfügung zu erstellen ist immer eine höchstpersönliche Entscheidung. Die mit einer Patientenverfügung realisierte Selbstbestimmung bedeutet, die Verantwortung und somit auch eventuell negative Konsequenzen, die entstehen könnten, voll und alleine zu tragen. Dabei kann es auch um Fragen um Leben oder Tod gehen. Das betrifft besonders die Frage, wenn jemand mit seiner Patientenverfügung festlegen möchte, ob im Falle eines langanhaltenden Komas alle medizinischen Mittel, die der Lebensverlängerung oder -erhaltung dienen, maximal genutzt werden sollen oder nicht. Auch in Bezug auf psychiatrische Interventionen sollte sich jede/r über den eigenen Standpunkt klar werden. Was die Inanspruchnahme sogenannter psychiatrischer „Hilfen“ und „Therapien“ angeht, kann man/frau unterschiedlicher Ansicht sein. Die Einen halten sie für sinnvoll, sogar wenn es sich um eine Zwangs-‚Beglückung‘ handelt. Die Anderen sind der Meinung, dass Ihnen die Psychiatrie keine wesentliche Verbesserung ihrer Lebensumstände bietet oder dass deren (vermeintliche) „Hilfen“ im Gegenteil sogar noch zusätzlich schaden und suchen sich daher nicht- psychiatrische Unterstützung für die Bewältigung ihrer Krisen und Probleme. Wer eine Patientenverfügung des Typs PatVerfü verfasst und nutzt, der/die schließt für sich sämtliche psychiatrische Zwangsmaßnahmen aus, einschließlich der unerwünschten Etikettierung mit einer psychiatrischen Diagnose. Auch wenn Sie eine PatVerfü besitzen, ist es Ihnen freilich belassen, (weiterhin) die Praxis von niedergelassenen PsychiaterInnen aufzusuchen oder auch sich freiwillig auf eine offene psychiatrische Station zu begeben, wenn Ihnen danach ist. Sie brauchen die PatVerfü in solchen Fällen nicht zu erwähnen bzw. nicht vorzuzeigen. Dies birgt jedoch Risiken: Da beides damit verbunden ist, sich dort eine „psychische Krankheit“ diagnostizieren zu lassen, kann es unter Umständen passieren, dass solch eine freiwillig herbeigeführte Situation in psychiatrische Gewalt und Zwang umschlägt. Um wirklich sicher zu gehen, dass Sie nicht, ehe Sie sich versehen, „fixiert“ in der Geschlossenen liegen oder dass das, was Sie so alles im Eifer psychiatrischem Personal erzählt hatten, weiter gereicht wird, um ein Gutachten zu erstellen, mit dem versucht wird, Sie zu entmündigen, reden Sie am besten nie mit psychiatrischem Fachpersonal über sich, jedenfalls nicht im Rahmen deren Arbeit. (Weiteres zu diesem Spiel mit dem Feuer siehe Abschnitt „Zu den Risiken des freiwilligen oder genötigten Aufsuchens von psychiatrischen oder psychologischen Einrichtungen“.)
Eine PatVerfü kann auch, genauso wie jede andere Patientenverfügung „jederzeit formlos widerrufen werden“ , so steht es im Gesetz zur Patientenverfügung § 1901a BGB, Absatz 1. Bevor Sie eine PatVerfü verfassen, ist es dennoch wichtig, dass Sie sich klar werden darüber, ob Sie psychiatrischen Zwang für sich grundsätzlich, in jeder möglichen Situation und in jeder Form ablehnen – und um das zu realisieren, ist unseres Wissens nach die PatVerfü zurzeit das einzig effektive Rechtsinstrument – oder ob es für Sie Situationen gibt, für die Sie wünschen, dass die Psychiatrie Ihnen gegenüber Zwang anwenden sollte. Wenn Sie zum Beispiel der Ansicht sind, Zwangspsychiatrie soll versuchen, Sie vor Selbsttötung zu retten, dann ist die PatVerfü nicht das Richtige für Sie. Wir als NutzerInnen der PatVerfü bestehen hingegen darauf, dass auch bei der Entscheidung zum Freitod unser Recht auf Selbstbestimmung gewahrt bleibt und hoffen, in verzweifelten Lebenssituationen einfühlsame Hilfe angeboten zu bekommen, die wir freiwillig annehmen (können). Unserer Erfahrung nach ist sogar gerade das Erleiden von psychiatrischem Zwang und seinen weiteren Folgen (Erfahrung von brutaler Gewalt bzw. Folter; Langzeitschäden durch die ungewollt eingenommenen ‚Psychopharmaka‘; soziale Folgen daraus, als „psychisch Kranke/r“ verleumdet worden zu sein) ein häufiger Grund für Menschen, sich das Leben zu nehmen oder dass Menschen, wenn sie nach einem Selbsttötungsversuch in die Psychiatrie geraten, es erst recht tun, anstatt dass sie neuen Lebensmut schöpfen. Noch eins sollten Sie in diesem Zusammenhang bedenken: „Ein bisschen Zwang“ geht nicht: Entweder Sie schließen psychiatrischen Zwang bereits mit Verweigerung von „Untersuchung/Diagnosen“ aus oder Sie lassen ihn zu und dann können Sie sich in aller Regel nicht mehr aussuchen, wann und was mit ihnen gemacht wird, denn dann ist psychiatrischer Willkür Tür und Tor geöffnet.
Sollten Sie sich also zu einer PatVerfü entschließen, dann darf, um volle Freiheit vor psychiatrischem Zwang zu gewährleisten, keines der entsprechenden Elemente aus dem Muster-Formular fehlen. Wer lediglich in puncto Zwangspsychiatrie Vorsorge treffen möchte, kann Teil C) streichen. Der Rest muss so bleiben, wie er ist bzw. soll lediglich ausgefüllt werden und kann ggf. ergänzt werden (siehe unten).